Newsletter #17

Gedanken aus der Praxis zu zwei Medienkommentaren

  1. Eine Leserin erwähnt in einem Kommentar ihre eigenen Kinder und schreibt, es gebe hochbegabte Kinder «die nicht darunter leiden, sondern zum Beispiel ihren Interessensspielraum erweitern und früh emotionale Intelligenz besitzen, um trotz ihrer Leistungen nicht anzuecken. Es gibt auch Lehrkräfte, sie solche Begabungen entdecken und diese Kinder ‘füttern’ und fordern.»

Ja, das stimmt. Nicht alle Kinder und Jugendlichen mit hohem kognitivem Potenzial leiden. Es kommt auf Vieles an: Können zum Beispiel die anderen Kinder in der Klasse dieses Kind akzeptieren? Oder nennen sie es ständig ‘Streber’? Oder mobben es? Auch Kinder mit hoher ‘emotionaler Intelligenz’ werden gemobbt und auch sie können dies nicht einfach so wegstecken.

Den ‘Interessensspielraum’ zu erweitern ist sicher eine gute Sache – für die Freizeit.
Im regulären Unterricht müssen Schülerinnen und Schüler mit hohem kognitivem Potenzial bei Wiederholungen zuhören und mitmachen und  Übungen schreiben, die sie nicht benötigen. Die Entwicklung in ein Boreout geschieht auch Erwachsenen in der Arbeitswelt. Da hilft leider kein ‘Erweitern des Interessensspielraums.’

Und ja, es gibt Lehrpersonen, welche diese Schülerinnen und Schüler erkennen und unterstützen. Aber ihnen sind wegen mangelnder finanzieller und personeller Ressourcen meist die Hände gebunden für eine ausreichende Unterstützung.

 

 

2. Ein Leser schreibt, er unterschreibe die Initiative, «wenn Lehrpersonen und

 

    betroffene Kinder und betroffene Eltern befähigt werden sollen, besser damit

    umzugehen. Ich unterschreibe nicht, wenn eine intellektuelle Elite gezüchtet

    werden soll.»


In unserer Initiative geht es nicht um eine Elite, auch nicht um eine intellektuelle.
Unter Förderung verstehen wir, dass diese Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit bekommen, auf ihrem Niveau lernen und arbeiten zu dürfen. Dies zum Beispiel an drei bis vier halben Tagen in der Woche. Die schulische Unterforderung kann nämlich zu schwerwiegenden Symptomen führen.


Und ja, es wäre sicher wichtig, wenn Lehrpersonen mit dem Thema besser umgehen könnten. Dazu braucht es zwei Dinge:
1. Das Thema ‘schulische Unterforderung und ihre Folgen’ muss in der Ausbildung ausreichend vermittelt werden.
2. Den Lehrpersonen müssen genügend personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen, um ihr Wissen auch anwenden zu können.

Was die Eltern betrifft: Sie haben meist eher wenig Möglichkeiten, die schulische Situation zu beeinflussen. Falls sie wohlhabend genug sind, können sie eine gute Privatschule bezahlen. Die meisten Familien mit hochintelligenten Kindern können dies nicht.


Was die Kinder betrifft: Sie möchten meist einfach normal sein. Für sie ist es nicht immer einfach, sich manchmal so anders zu fühlen (was z.B. das schnelle Verstehen und Denken betrifft, die Themen, die sie interessieren usw.) Sie brauchen sicher auch Unterstützung darin, trotzdem Selbstvertrauen zu entwickeln und zu behalten.